Lissabon - Extramadura - Lissabon 11.04. - 18.04.2008
Carlos Lopes Gold Marathon Lissabon

Ein Bericht von Zenon Karczewski

Text und Fotos: Zenon.Karczewski@dresdner-trolle.de
Musik:
Amalia Rodrigues "Tudo isto e Fado"


1. Tag, Freitag, 11.04. Lissabon

Wolfgang mit Miss MallorcaFreitag. Aller guten Dinge sind drei - nach Sevilla 2004 (>> Bericht) und Valencia 2005 (>> Bericht) fahren wir: Betina, Steffen, Wolfgang und ich (Foto rechts) zum dritten Mal zusammen auf die iberische Halbinsel. Wir treffen uns am Dresdner Flughafen und fliegen zunächst 6:00 nach Palma de Mallorca. Von dort soll es weiter nach Lissabon gehen. Der Abflug verzögert sich leicht, vor dem Gate bildet sich eine Schlange. Einige Meter vor uns stehen 3 bildhübsche, "feurige" Spanierinnen. Offenbar kommen sich gerade von einem Schönheitswettbewerb, denn eine von Ihnen trägt eine Scherpe mit der Aufschrift: "La novia mas brillante de Mallorca". Viele Männer schauen ganz "unaffällig" hin. Wolfgang wird auch ganz neugierig, geht zu der "Miss Mallorca", lächelt sie auf seine unverwechselbare, charmante Art an und versucht die Aufschrift auf der Scherpe zu entziffern. Für mich die Gelegenheit, ein einmaliges Foto zu schiessen. Ich reisse meine Kamera aus der Fototasche, frage die schöne Spanierin, ob ich von ihr und Wolfgang ein Foto schiessen darf und mache schnell hintereinander 3 Aufnahmen. Die Mädels freuen sich und kichern laut und auch der Rest der Flugpassagiere hat ihren Spass an dieser Szene. Ein schöner Auftakt unserer Reise, so kann es weiter gehen.

Der Landeanflug auf Lissabon ist beeindruckend. Bei strahlender Sonne und wolkenlosem Himmel haben wir vom Flugzeug aus eine tolle Sicht auf die Stadt am Tejo - mit ihren beiden grossen Brücken: Ponte 25 Abril und Ponte Vasco da Gama, dem riesigen Denkmal Padrao dos Descobrimentos, den Plätzen Rossio und Praca de Comercio, dem Mosteiro San Jeronimo, dem Castelo de Sao Jorge... All das werden wir in den nächsten Tagen vom Nahen erleben. Mit unserem Mietwagen, einem geräumigen Renault Megane fahren wir in das Hotel Residential Italia. Die Zimmer sind klein aber insgesamt ist das recht zentral gelegene Hotel o.k. und für einen kurzen Lissabon-Aufenthalt durchaus zu empfehlen. Es ist jetzt gegen 13:00 Uhr, wir gehen zunächst essen und zwar in ein Restaurant gleich um die Ecke, das uns die Empfangsdame im Hotel empfohlen hat. Der gebratene Fisch (Foto) schmeckt hervorragend, dazu trinken wir Bier und Rotwein und verlassen nach anderthalb Stunden die Gaststätte in bester Stimmung.

Wolfgang, Steffen, Zenon (Vlnr)Jetzt geht es zur Anmeldung, die im modernen Parque Expo'98, in einem der Räume des Pavilhao de Portugal stattfindet. Vor dem Eingang machen wir das obligatorische Foto vor dem Marathon-Plakat. Drinnen sind wir im Moment die einzigen Läufer, die Ihre Startunterlagen abholen. Der Raum ist nicht sehr gross und ausser einer Ecke, in der einige Helfer die Tüten mit Startnummern und den Chips ausgeben, ganz leer. Das heisst, es gibt keine Marathonmesse und keine Pasta-Party, so wie man das von anderen Stadtmarathons kennt. Etwas ungewöhnlich für eine solche Metropole wie Lissabon aber für uns auch nicht überraschend, denn wir wussten, dass dieser Carlos-Lopes-Marathon trotz seines berühmten Namensgebers noch nicht zu den Grossen zählt. A propos Namensgeber. Einer der Organisatoren sieht mir wie der ehemalige Weltrekordler aus. Ich frage ihn, ob er es auch sei und ob wir mit ihm ein Foto machen können. Nein, er sei es nicht aber er kann Carlos Lopes holen, wenn wir es gerne möchten. Klar möchten wir es.

"Er sieht aber nicht mehr ganz so sportlich wie früher aus" - meint er, lächelt und verschwindet in einen anderen Raum. Nach 5 Minuten kommt er wieder, mit ihm der Olympiasieger von Los Angeles 1984. "Hi, we are from Dresden, Germany, we would like to make a photo with you" - begrüsse ich ihn freundlich. Er lächelt etwas verlegen, wir stellen uns schnell auf, Betina schiesst ein paar Fotos. Carlos zeigt uns die schöne Medaille, die wir morgen im Ziel bekommen werden. Ich muss dabei an die Medaille vom Berlin-Marathon 1991 denken, bei dem ich meine Bestzeit von 2:46'51'' gelaufen bin und worauf Carlos ebenfalls abgebildet ist (Foto). Ich versuche ein Small Talk mit ihm aber er spricht kaum English, wie uns der freundliche Helfer, der ihn geholt hat, erklärt. "O.k. danke Carlos, es war uns eine Ehre" - beenden wir den kurzen Fototermin und verlassen den Pavilhao de Portugal, der immer noch genauso leer wie vor einer Viertelstunde ist. Es haben bis jetzt ca. 300 Teilnehmer für den Marathon und weitere ein paar Hundert für den 15-km-Lauf gemeldet - erfahren wir zuvor von den Organisatoren.

Es ist jetzt gegen 18:00 Uhr, wir wollen uns noch etwas die Stadt, insbesondere das berühmte Alfama-Viertel, ansehen. Wir fahren mit der U-Bahn zum Rossio, dem zentralen Platz Lissabons. Offiziell heisst er Praca Dom Pedro IV und stellt das Herz der Stadt dar. In seiner Mitte - die 27,5 m hohe Marmorsäule mit dem Bronzestandbild Pedros IV, dem späteren Kaiser Brasiliens, der zugunsten seiner Tochter Maria da Gloria auf den portugiesischen Thron verzichtete. Jugendliche spielen gerade Fussball in der Mitte des Platzes. Auf dem Platz nebenan - dem Praca da Figueira (Feigenbaumplatz) geht es auch sportlich zu. Wir schauen eine Weile lang den Skatebordfahrern zu, die ihre halsbrecherischen Künste vorführen. Ein paar Meter weiter erhebt sich der Elevador de Sant Justa - ein Aussichtsturm, von dem aus man einen schönen Rundblick auf Lissabon hat. Wegen der ziemlich langen Schlange, die davor steht, sparen wir uns aber den Aufstieg und gehen auf der Rua Aurea weiter Richtung Süden.

Auf einmal höre ich ein trauriges, schönes, mit klarer Stimme gesungenes Lied und schau mich um, wo es herkommt. Das muss doch das berühmte portugiesische Fado sein. In der Mitte der Strasse steht ein Stand mit CDs. Diejenige, die mir so gefällt, wird gerade über die Lautsprecher abgespielt. "Die möchte ich haben" - sage ich zu dem Verkäufer. Es ist meine erste Fado-CD von der "Fado-Königin" Amalia Rodrigues, später werde ich noch weitere kaufen. Die Hintergrund-musik dieses Bericht stammt übrigens von dieser CD und ist ein kurzer Ausschnitt aus dem berühmten Fado-Titel: "Tudo isto e Fado". Für einen Fado-Abend in einem der zahlreichen Fado-Lokale werden wir leider keine Zeit haben. Bei meinem nächsten Lissabonbesuch werde ich es mir auf alle Fälle vornehmen. Wir gehen weiter Richtung Praca der Commercio, das direkt am Wasser liegt und eine schöne Sicht auf den Tejo bietet. Unterwegs erleben wir die modern ausgestatteten Lissaboner Polizisten (Foto).

Jetzt folgen wir den Schienen der berühmten Strassenbahnlinie 28. Es geht bergauf Richtung Castelo Sao Jorge, das wir aber heute nicht mehr erreichen werden. Wir schauen uns noch die Kathedrale Se, die älteste und die einzige romanische Kirche Lissabons an. Sie wurde nach der Vertreibung der Mauren im Jahr 1147 gebaut. Die Kathedrale wurde mehrmals von Erdbeben stark beschädigt und bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts immer wieder restauriert. Nach kurzdem Rundgang verlassen wir die Kirche. Jetzt ist der Hunger bei Allen so gross, dass wir schnellstens eine Gaststätte finden müssen. An der nächsten Ecke ist gerade eine, wir gehen hinein und sind die einzigen Gäste. Der Besitzer, der die kleine Kneipe mit seiner Frau betreibt, ist sehr freundlich und gesprächig. Wir erfahren, dass er 20 Jahre in Brasilien gelebt hat, bevor er vor ein paar Jahren wieder nach Lissabon zurückkehrte. Wir schwatzen über Sport, das Wetter, die Sprachen und sonst über alles Mögliche. Draussen wird es inzwischen dunkel. Wir müssen zurück ins Hotel und laufen durch die engen Strassen und steile Treppen der Alfama zur nächsten U-Bahn-Station. Einige Strassen sind durch Boller gesperrt, die automatisch herunter- und dann wieder hochfahren, wenn ein für sie "zugelassenes" Auto hinein- bzw. herausfährt. Steffen will wissen, ob ein solcher Boller ihn halten würde. Ich halte das Ergebnis mit dem Fotoapparat fest (Foto)

2. Tag, Samstag, 12.04. Lissabon, der Marathon

Samstag, der Marathon. Der Marathon startet erst 16:30 also müssen wir die Zeit bis dahin irgendwie sinnvoll nutzen ohne auf der anderen Seite uns zu sehr zu verausgaben. Wir entschliessen uns für eine Rundfahrt mit der berühmten Strassenbahn-Linie 28. Danach geniessen wir die tolle Aussicht auf dem Miradouro Santa Luzia. Hier ist viel los. Franzosen, Deutsche, Amerikaner, Spanier, Japaner, Polen, Schweden... - Touristen aus aller Welt bewundern die schöne Aussicht auf die Alfama und den Tejo, schauen den Malern zu und hören lateinamerikanische Gitarrenmusik Wir trinken Kaffee und betrachten das bunte Treiben. Es ist 12:30. Wolfgang wird langsam nervös. Wir müssen schnellstens Pasta oder Ähniches essen. In einem Restaurant in der Nähe unseres Hotels essen wir "Spagetti Bolognese".

Dann ist es soweit. 15:00 Uhr. Mit der U-Bahn fahren wir bis zur Station Jardim Zoologico. Direkt davor ist der Startbereich. Als wir dort ankommen, stellen sich gerade die Radfahrer, grösstenteils Mountainbiker, auf. Ihr Start erfolgt 16:00 Uhr. Dann sind die Läufer dran. Schätzungsweise sind es insgesamt so um die 600-700 Teilnehmer. Ca. 300 davon Marathonis, der Rest hat für die 15km-Strecke gemeldet. Wir machen uns warm, ich reibe mir beide Beine mit Finalgon ein und merke schnell die brennende Wirkung. Über die rechte Wade habe ich mir ein Band geklebt, das ich von Steffen bekommen habe. Mal sehen, ob diese beiden Massnahmen helfen und ich ohne Probleme "durchkomme". Die Spannung steigt. Wir haben ideale Bedingungen - es ist warm und sonnig, die Temperatur beträgt 17 Grad. Ich ärgere mich immer noch, dass ich meinen Fotoapparat nicht mitnehmen und diese aufregenden Bilder kurz vor dem Start festhalten konnte.

16:30 geht es los (>> Strecke lt Veranstalter; leider nicht 100% übereinstimmend mit dem Parcours der tatsächlich gelaufen wurde). Ich fühle mich körperlich nicht ganz fit und mit den Gedanken bin ich immer noch nicht bei der Sache. Die 2 Kilometer-Marke ist nach 10'13'' Min. passiert. Jetzt sehe ich einen Helfer mit einem Schild, auf dem gross "500 m" steht. Das Kleingeschriebene übersehe ich irgendwie. Ein Stück weiter steht ein weiter Helfer mit "200 m" und dann noch einer mit "100 m" und dem Zeichen "Rechts abbiegen". "So ein Service bei einem so kleinen Marathon - denke ich - da werden sogar wichtige Kurven angezeigt". Ein paar Sekunden später stehe ich aber ratlos in der Strassemitte und weiss nicht, wo ich langlaufen soll - die Hälfte der Läufer biegt nach links, die andere Hälfte nach rechts ab. So ein Mist. Ich gerate in leichte Panik und schreie auf deutsch zu den heranlaufenden Läufern: "Wo ist der Marathon, hey!? "Here" - ruft mir Jemand freundlich zu, ich soll nach links laufen. Jetzt begreife ich erst, was die Schilder vorhin sollten. Kleingeschrieben stand "15 km" drauf. "Aufwachen, auf den Lauf konzentrieren" - heisst es jetzt für mich. Nach 3 Kilometern (15'45'') sind wir auf der Av. da Republica.

Ich muss zum ersten Mal austreten und verliere ca. 40 Sekunden. Wir laufen im Tunel unter einer Brücke, zunächst hinunter und dann wieder hoch. 4 Kilometer passiere ich in 21'38''. Linker Hand ein schöner Park - Jardim do Campo Grande. Erste Zeitmessung bei Kilometer 5 - 26'10''. Vor mir ein Läufer mit der "Norway"- Aufschrift auf seinem Laufshirt. "Norway" - werde ich ihn ab jetzt nennen. Das ist der Ottar Haugen mit der Startnummer 5398 (Foto), wie ich später in der Ergebnisliste sehen werde. Er wird im Ziel knapp 10 Min schneller als ich sein. In der nächsten Zeit laufen wir aber lange zusammen. Es ist ziemlich warm. Wir kommen wieder in einen Tunnel. Die Polizei hat einen Streifen abgesperrt, auf der gegenüberliegenden Seite bildet sich ein Autostau. Lautes, andauerndes Gehupe. Im ersten Moment denke ich, dass die Autofahrer das wegen uns Läufern machen aber als ich rüber schaue, sehe ich, dass Keiner in unsere Richtung schaut und das Hupen dem Vordermann oder den Polizisten gilt. Bei Kilometer 7 (36'35'') wieder ein steiler Anstieg unter einer Brücke. Wir laufen über den Platz Altrium Saldanha und biegen danach in die breite Avenida Fontes Pereira de Melo ab. Es geht jetzt leicht bergab. Wir kommen zu einem grossen Platz, auf einem Schild lese ich Placa Marques de Pombal. Rechter Hand - der Parque Eduardo VII, wo der Start ursprünglich sein sollte. Die Zeit - 42'55'' , wir haben also ca. 8 Kilometer hinter uns. Auf der Avanida da Liberdade geht es jetzt weiter, Richtung Süden.

Steffen, Betina, Wolfgang, Zenon (vlnr)

Nach 56 Minuten komme ich zum Praca de Comercio, dem grossen Platz, direkt am Tejo, wo wir schon gestern vorbeigelaufen sind. Weiter wird nach rechts und dann immer am Tejo entlang auf einer endlosen Geraden gelaufen. Eine Stunde ist vorbei. "Zenon, wie geht es Dir" - höre ich auf einmal die Betina rufen, die hier am Strassenrand steht. "Schlecht" - antworte ich kurz so oder ähnlich, winke ihr zu und laufe weiter. Es läuft bei mir heute tatsächlich nicht besonders gut. Wir laufen jetzt zu fünft. "Norway" ist direkt vor mir. Der Wind weht von vorn. Nach genau 14 Kilometern (1:11:09) laufe ich unter der Brücke "Ponte 25 de Abril". Sie ist sehr hoch, hat 2 Etagen und macht von unten einen gewaltigen Eindruck. Nach 1:24:45 muss ich wieder eine Pinkelpause einlegen und veriere ca. 40 Sekunden. Meine Gruppe ist mir weggelaufen, ich will sie so schnell wie möglich wieder einholen. Ein grosser Fehler, wie es sich später herausstellen wird.

Padrao dos DescobrimentosKilometer 17, Zeit: 1:27'07''. Auf der gegenüberliegenden Strassenseite kommen mir die beiden führenden Kenianer mit den Startnummern 5160 und 5150 (Joseph Epetet, der spätere Sieger) entgegen. 300 Hundert Meter hinter Ihnen der nächste mit der Startnummer 5152 (David Kipkosgei). Ich muss jetzt an "Norway" und meine Gruppe rankommen. Rechts sehe ich das Mosteiro dos Jeronimos, links das Denkmal der Entecker "Padrao dos Descobrimentos" (Foto). Der Abstand zu "meiner" Gruppe, mittlerweile sind es 5 Läufer, wird immer kleiner. Nach 1:30:51 sehe ich auf der anderen Strassenseite weitere Läufer mit den Startnummern 5155 (Nixon Kiprono) und 5158 (Benson Kipnaiben). Kilometer 18. Ich schaue auf die Uhr - 1:31'47. Den letzten Kilometer bin ich in 4'36'' gelaufen. Viel zu schnell! Weitere Läufer kommen mir entgegen, die Nummern kann ich mir aber nicht mehr merken. Noch 40 Meter zu der Gruppe mit "Norway". Nach 1:37'26'' zwischen Kilometer 18 und 19 erreiche ich sie endlich. Jetzt kommt die erste Frau - Elisabete Lopes aus Portugal (Startnummer 5112) . Bald müsste Steffen kommen. Die, die jetzt auf der anderen Seite laufen, haben schon etwa sein Niveau und ich traue ihm heute eine Zeit von unter 2:50 zu. Es kommt eine grössere, ca 10 Mann starke Gruppe. Hier müsste Steffen dabei sein - denke ich, sehe ihn aber nicht. "Zenon" - höre ich ihn auf einmal eine bekannte Stimme. Steffen ist doch dabei und läuft gut windgeschützt an letzter Stelle.

Torre de BelemKaum Zuschauer, nur verzeizelt Beifall von zufälligen Passanten. Es geht jetzt nach links, wir laufen unter einer Brücke hindurch, dann folgen eine 90-Grad-Kurve nach rechts und ein steiler etwa 50m-langer Anstieg. Wir laufen jetzt direkt am Tejo entlang, nur ein etwa 20-Meter-breiter Streifen mit Steinen trennt uns vom Wasser. Rechts die Eisenbahnschienen. Jetzt kommt die Wende - 1:56'34''. Etwa 100 Meter vor mir eine schlanke, dunkelhäutige Läuferin, ich nenne sie ob ihrer schlanken Figur "Gazelle". Ich beschleunige, komme an sie ran und passiere sie schliesslich. 2:09'03'', irgendwo bei Kilometer 25 - mein Atem wird auf einmal schwer. Nein, ich bekomme jetzt nicht etwa Seitenstechen?! Verdammt! Ich muss anhalten und tief durchatmen. Danach kann ich nur noch mit angezogener Bremse laufen. "Norway" und die anderen aus meiner Gruppe, die ich vorhin in meinem Leichtsinn ziemlich weit hinter mir gelassen habe, kommen jetzt an mir vorbei. Die "Gazelle" zieht ebenfalls davon. Ich laufe jetzt langsamer. Es geht mir etwas besser. "Wolfgang" - schrei ich auf einmal laut und freue mich als ich nach 2:06' 10'' den "Wolfi" auf der anderen Strassenseite sehe (Foto darunter). Hinter ihm kommen dann nicht mehr so viele.

Jetzt die Stelle, wo ich vorhin Steffen getroffen habe - 2:10'10''. Das Seitenstechen macht mir jetzt zu schaffen. Kilometer 26 - 2:14'26''. Rechts sehe ich die Jesus-Statue auf der anderen Tejo-Seite, an der Brücke "Ponte 25 abril". "Norway" ist 300 Meter vor mir. Kilometer 27. Die Sonne brennt nicht mehr, es ist bewölkt, angenehme Temperatur von 16 Grad. Kilometer 28 (1:25'24''), ich komme wieder am Monasterio dos Jeronimos vorbei. Schnitt 5'20 pro Kilometer. Schneller kann ich leider nicht. Vor mir die Brücke "Ponte 25 abril", ich passiere sie nach 2:38'04''. Es ist gegen 19:10 Uhr, Kilometer 31, 2:41'35''. Eine Strassenbahn überquert kurz vor mir die Strasse. Es war etwas knapp aber nicht wirklich gefährlich. Die "Gazelle" ist jetzt direkt vor mir,. Wie es aussieht, bricht sie komplett ein. 32 Km - 2:46'45''. Steffen wird wohl schon kurz vor dem Ziel sein. Ich komme an der "Gazelle" vorbei. Heftiges Seitenstechen, verdammter Mist. Ich muss wieder anhalten. Weiter geht's. Jetzt bin ich total platt. Kilometer 33, Zeit: 2:53'09''. Kilometer 34, die "Gazelle" überholt mich wieder. Wir sind jetzt auf dem Placa do Comerco. Den nächsten Marathon laufe ich erst wieder wenn ich wieder absolut fit bin - schwöre ich mir an dieser Stelle. Kilometer 36 - 3:10'17. Die letzten 6 Kilometer. Vor mir ein "grosser Berg", eine Brücke, die noch zu überwinden ist. Rechts von mir ein grosses Schiff am Tejo-Ufer. Das Spagetti-Bolognese von heute mittag spüre ich immer noch im Magen. Ich hätte lieber etwas anderes essen sollen. Es überholt mich wieder Einer. Ich kann kaum noch meine Beine bewegen. Ich muss kurz anhalten und dehnen.

Jetzt geht es bergab, das ist noch viel schlimmer wie bergan. 3:17:47'. Kilometer 37, Temperatur 17 Grad, Uhrzeit 19: 47. Jetzt überholt mich eine Gruppe. Kilometer 39 - 3:30'49''. Ich gebe mich nicht geschlagen und bleibe dran. Es sind nur noch 14 Grad, es wird langsam ziemlich dunkel. Gleich kommt Kilometer 40 - 3:38'16''. Kilometer 41 - 3:42'40''. Der letzte. Es geht nochmal leicht bergan. Kopfsteinpflaster, auch das noch. Die letzten Meter. "Komm Zenon" - ruft mir Steffen zu.Nach 3:51'57'' bin ich im Ziel. Fix und fertig, ich kann mich kaum auf den Beinen halten. Ich muss mich einfach hinsetzen. Ich betrachte die schöne Medaille (Foto) und freue mich irgendwie doch, dass ich es wieder einmal geschafft habe. Zum 63. Mal. Nach einer Weile wird es mir verdammt kalt, ich bekomme Schüttelfrost, obwohl die Temperaturanzeige immer noch 16. Grad anzeigt, Ich hole den Beutel mit meinen Sachen und ziehe alles an, was ich habe. Nach 4:17' kommt die "Gazelle ins Ziel. Es ist Silvia Coelho aus Portugal mit der Startnummer 5265. Kurz danach ist auch Wolfgang da (4:17'37''), fröhlich und locker als hätte er gerade ein 10Km-Trainingsläufchen absolviert. Steffen ist übrigens 2:57' gelaufen. Inzwischen ist es dunkel geworden. Wir fahren zurück ins Hotel.

3. Tag, Sonntag, 13.04. Lissabon, Stadtbesichtigung

Sonntag. Mit dem Bus Linie 727 fahren wir nach Belem und besichtigen das imposante Mosteiro dos Jeronimos (Heronymuskloster). König Dom Manuel I liess es 1501 vor den Toren Lissabons erbauen. Das Kloster besitzt eine Fassade von mehr als 300m Breite. Es wurde aus Kalkstein errichtet. Das Heronymuskloster wird immer wieder als Schmuckstück des manuelinischen Stils gepriesen. Dieser Stil, der sich ausschliesslich in Portugal entwickelte, umfasst architektonische Elemente der Spätgotik und der Renaissance, die mit Symbolen des Königtums, des christilchen Glaubens und der Natur vermischt wurden und so zu einer einzigartigen Einheit verschmolzen. Wir schauen uns zunächst die Kirche mit den Sarkophagen von Vasco da Gama und dem Dichters Luis de Camoes an und gehen anschliessend zum Kreuzgang, der besonders durch den ornamentalen Schmuck an den Wandflächen zum Innenhof beeindruckt (Foto).

Es ist sonnig und warm und ein bisschen windig. Unser nächstes Ziel - das 52 m hohe Denkmal Padrao dos Descobrimientos. In Stein gemeisselt stehen die 32 wichigsten Persönlichkeiten der Entdeckerzeit auf dem stilisierten Schiffbug einer Karavelle mit hoch aufragendem Segel. An der Spitze der überlebensgrossen Figurengruppe erscheint Heinrich der Seefahrer, dahinter weitere Seeleute, Kartographen, Gelehrte, Dichter und Mönche. Mit dem Fahrstuhl fahren wir auf die Aussichtsplattform und geniessen die schöne Aussicht auf den Tejo, den Heronymuskloster, das Torre de Belem. "Da unten ist noch eine interessante Sehenswürdigkeit" - sagt Steffen. "Oh ja, doch" - bestätige ich und lasse mir das Motiv nicht entgehen (Foto links). Wolfgang lacht, Betina schaut gerade in die andere Richtung und bewundert die bunten Segelboote auf dem Tejo.

Auf dem Weg zum Torre de Belem begegnen wir einem Strassenhändler, der Sonnenbrillen verkauft. Fein angezogen mit Anzug, weissem Hemd und Krawatte versucht er uns seine Ware anzudrehen. Wir zeigen zunächst kein Interesse und ignorieren ihn einfach. Der Mann ist hartnäckig und läuft uns hinterher. Die Sonne brennt mit grellem Licht und ich hatte meine Sonnenbrille vergessen. "How much" - entwischt es mir irgendwie automatisch, ohne dass ich in diesem Moment schon feste Kaufabsichten hatte. Sofort wird mir aber klar, dass ich damit die Verhandlung eröffnet habe und dass es kein Zurück mehr gibt. Jetzt weicht mir der durchaus sympatische, paarundvierzige Latino nicht mehr von der "Pelle". "20 Euro" - heisst sein Preis." 5 Euro" - sage ich. "6". "15". "6". "10". "8 , billiger kann ich es nicht verkaufen, habe Frau und 3 Kinder". "Ok, 7 Euro" - lasse ich mich erweichen. Mit einem Händedruck besiegeln wir den Handel und die durchaus schicke Sonnenbrille wechselt den Besitzer. Den Torre de Belem schauen wir uns nur von aussen an, statt einer Besichtigung ziehen wir ein Sonnenbad draussen auf einer Bank vor. Dann kauft Betina noch 2 Halstücher bei der Frau vom Brillenhändler (Foto) und wir fahren mit der Strassenbahn, Linie 15 zurück ins Stadtzentrum.

Jetzt ist der Hunger gross und wir wollen in ein Restaurant im Alfama-Viertel. "Wir müssen dazu an der Metro-Station "Bela Vista" aussteigen - meint Steffen selbstsicher. Keiner widerspricht, da er sonst so orientierungsfest ist. Diesmal versagen aber seine Ortskenntnisse. "Bela Vista" liegt weit ausserhalb des Zentrums. Wir beschliessen an der Station Anjos auszusteigen und zurückzufahren. Aber vielleicht gibt es in dieser Gegend auch ein hübsches Restaurant? Also gehen wir die Strasse entlang und und schauen von Ecke zu Ecke. Hier ist es zu teuer, hier zu verqualmt, hier zu laut und dort zu dreckig. Irgendwann verlieren wir die Nerven und gehen in das erste beste nicht gerade sehr feine Bistro hinein. "Können wir hier etwas essen?" - frage ich den Kellner. "Ja, gebratenen Fisch mit Pommes. Ich kann Ihnen auch etwas Reis dazu machen". "Ok. wir nehmen es". Die Stimmung zu Anfang ist etwas gedrückt. Das Essen schmeckt aber nicht schlecht und das Bier sorgt für immer bessere Laune. Zum Schluss sind alle fröhlich und zufrieden. Wir machen noch ein Foto mit dem Kellner, der wie Adriano Celentano aussieht (Foto), und verlassen wieder das Lokal.

Mit einem Taxi fahren wir zum Castelo de Sao Jorge. Die Ursprünge des Castelo reichen bis ins 5. Jahrhundert zu den Westgoten zurück. Vier Jahrunderte später erweitern die Mauren die Anlage. Weitere Umbauten erfolgen unter Afonso Henriques, Portugals erstem König. Bis ins 16. Jahrhundert diente der Burgpalast als königliche Residenz. Nach zeitweiliger Nutzung als Gefängnis wurde die Anlage umfassend restauriert und ist seither - mit Cafe, Gärten, Kanonen, Schatten spendenden Bäumen und einer prachtvollen Aussicht der Öffentlichkeit zugänglich. Wir machen einen Rundgang. An einer Mauer sort ein Pfau mit seinem Rad für grosses Interesse bei den japanischen Touristen. Wolfgang interssiert sich dagegen mehr für die zeitgenössischen Skulpturen (Foto).

Wir fahren wieder in unser Hotel und feiern anschliessend Abschied von Lissabon in demselben Restaurant wo wir schon am Freitag gleich nach der Ankunft gespeist haben. Nur diesmal schmeckt der gekochte Fisch nicht so gut, selbst Wolfgang lässt die Hälfte auf dem Teller liegen. Der Rotwein ist dagegen vom Feinsten.

4. bis 7. Tag, 13.04. - 18.04. Extremadura/Spanien

Montag bis Freitag. Wir fahren nach Spanien, in die Provinz Extremadura und erholen uns in einer Casa Rural auf dem Lande in der Nähe von Trujillo (Foto ganz unten). Am Dienstag wird in der der Umgebung des Hauses gewandert und Steffens Geburtstag gefeiert. Am Mittwoch besichtigen wir das Monasterio de Guadalupe. Wolfgang und Zenon lassen sich die Gelegenheit nicht entgehen und küssen die Schwarze Madonna. Am Donnerstag fahren wir in den Nationalpark Monfrague und beobachten Uhus, Schwarzstörche, Blauelstern, Gänse- und Mönchsgeier sowie zahlreiche weitere Vögel. Zum Schluss finden wir auch das iberische Schwein (Foto). Am Freitag geht es zurück nach Lissabon und von dort nach Dresden.


Wolfgang mit der Miss Mallorca
Steffen Umlauf, Carlos Lopes, Zenon Karczewski, Wolfgang Schladitz (vlnr)
Mosteiro dos Jeronimos
Casa Rural Las Canteras
Die wichtigsten Informationen auf einen Blick
 

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