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Am
25.05.2013 fand die 41.
Austragung des Rennsteiglaufes statt. In einem Anflug
von Optimismus oder nennen wir es besser Wahnsinn hatte ich mich
Anfang des Jahres dafür entschieden, am Rennsteiglauf teilzunehmen
und für die Ultradistanz von 72,7 Kilometern zu melden. Je
näher der Starttermin rückte, desto mehr drängte
sich bei mir die Frage auf, ob dies wirklich die richtige Idee gewesen
war. Marathon war ich schon öfter gelaufen, aber jetzt musste
ich 72,7 Kilometer bei Anstiegen von 1470 Höhenmetern und Abstiegen
von immerhin noch 969 Höhenmetern zurücklegen. Ein beunruhigendes
Gefühl. Mir blieb nur die Möglichkeit, die Herausforderung
anzunehmen und mein Bestes zu geben. Ich suchte folglich die Nähe
zu den alten Rennsteigveteranen, um von deren Erfahrungsschatz
zu profitieren. Als Ratgeber kamen da Eisentroll Mirko
Leffler und Matthias Probst
aus Bad Salzuflen in Betracht. Am
Freitagabend fuhr ich zu Eisentroll und Ultraläufer Mirko Leffler
nach Suhl, bei dem ich übernachten durfte. Ihm und seiner Frau
Marianne sei für die Bewirtung und Unterstützung an dieser
Stelle noch mal herzlich gedankt.
Bei Mirko übernachteten außerdem die erfahrenen Ultraläufer
Stefan Bicher und Bernd Kalinowski
vom Team Hanka. Beide sind dafür bekannt, in ihrer rosa farbigen,
eng anliegenden Rennkleidung an den Start zu gehen und auf der Strecke
für gute Stimmung zu sorgen (Foto).
Stefan
nahm sogar seine Gitarre mir auf den Rennsteig, um während
des Laufes die Läufer zu unterhalten und das Rennsteiglied
zu üben.
Eisentroll
Mirko war am Wochenende zuvor mit Silvio Schweisberg und Bernd über
140 Kilometer von Suhl nach Würzburg gelaufen. Diesen 1. SWING-Ultralauf
hatte Mirko organisiert, anschließend hatte er in der Verkleidung
eines Suhler Waffenschmiedes noch den Würzburg-marathon bestritten.
Mirko wollte den Rennsteig daher langsam angehen und fiel daher
für mich als Begleiter auf der Strecke aus. Mit
Mirkos Bus wurden wir Läufer dann um 4 Uhr morgens zum Start
nach Eisenach (Foto) gebracht,
wo die Quälerei für mich seinen Anfang haben sollte. In
Eisenach hatte ich mich mit Matthias Probst verabredet, um eventuell
gemeinsam mit ihm zu laufen. Matthias teilte mir dort aber mit,
dass er Richtung 7 Stunden laufen wollte. Vor dem Start hatte ich
mit einer Zeit von unter 8 Stunden geliebäugelt, ohne zu wissen,
was kommen sollte. Wir gingen gemeinsam an den Start. Auf dem Markt
in Eisennach hatten sich dann 2272 Läufer bei recht kaltem
Wetter versammelt, um an den Start zu gehen. Es war trocken, mit
Regen musste aber gerechnet werden. Eisenach war der tiefste Punkt
der Strecke, es ging folglich die ersten 10 Kilometer im Gänsemarsch
bergauf. Schnell stellte ich mir die Frage, wie ich jemals das Ziel
erreichen wollte. Obwohl ich langsam lief, fand ich schon die ersten
Kilometer ziemlich anstrengend. Den guten Matthias ließ ich
folglich ziehen. Er erreichte nach 7:42,04 Stunden das Ziel. Nach
15 Kilometern fingen die Läufer um mich herum an, die steileren
Anstiege zu gehen. Ich ging selbstverständlich auch. Auch die
folgenden Kilometer wurden für mich nicht einfacher. Schwere
Beine und immer noch eine Marathondistanz vor mir.
Bei Kilometer
25,5 war der Große Inselsberg erklommen. Immer wieder musste
ich an Mirkos Spruch denken: Aufgegeben kann man nur Briefe
und Pakete bei der Post. Später traf ich einen Läufer
aus Hamburg, der mir den Hinweis gab, feste Nahrung zu mir zu nehmen.
Das war ein Hinweis, der mir das Laufen einfacher machte. Zwischen
Kilometer 40 und 50 lief es dann bei mir besser. Diesen Teil der
Strecke lief ich mit Matthias Landwehr aus Berlin zusammen. Wir
unterhielten uns über wichtige und unwichtige Dinge. Schön
war dass die Zeit verging und das Ziel näher kam. Matthias
wollte unter 8 Stunden laufen, was für mich unvorstellbar schien.
Matthias beendete den Lauf in 7:52 Stunden. Ich ließ ihn ziehen
und quälte mich auf den nächsten Kilometern weiter.
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Bei Kilometer
54,2 war der Grenzadler erreicht. Hier befinden sich die bekannten
Biathlon Anlagen von Oberhof. Im Winter im Fernsehen sprinteten
die Biathleten dort immer die Berge hoch. Das war mir jetzt egal,
ich war auf einer anderen Veranstaltung. Ich wollte nur durchhalten
und ins Ziel kommen. Immer noch gute 18 Kilometer waren bis dorthin
zurück zu legen. Mir tat alles weh, die Beine, der Rücken
die Schultern. Meine Finger waren zu dicken Würsten angeschwollen.
Meine Hände sahen aus wie Klodeckel. Laufen konnte ich nur
noch wie in Trance, mit einer Lauftechnik wie ein Roboter.
Egal, ich wollte
nur nicht aufgeben, ich war ja auf dem Rennsteig und nicht auf der
Post. Nach 64 Kilometern erreichte ich dann die Schmücke. Kurz
danach lief ich mit Erich Kluwe aus Berlin zusammen. Wir fanden
uns einfach so. Erich wollte seine Zeit von 8:18 Stunden aus dem
Vorjahr unterbieten. Zum Glück gingen die letzten Kilometer
bergab, nur noch ein größerer Gegenanstieg musste bewältigt
werden. Wechselseitig motivierten wir uns auf dem Weg zu Ziel, welches
wir nach 8:12,29 Stunden erreichten.
Im
Ziel war ich völlig fertig, aber auch glücklich und stolz
den Lauf beendet zu haben. Schließlich darf ich mich jetzt
Ultraläufer nennen. Im Zielbereich begegnete mir dann der Leipziger
Troll Wolfgang Schladitz (Foto).
Wolfgang hatte soeben den Rennsteig-marathon in 5:13,30 Stunden
beendet und Platz 18 in der M 70 belegt. Starke Leistung Wolfgang!
Mirko und Silvio beendeten Ihren Lauf nach 9:54,04 Stunden. Obwohl
beide den SWING mit den vielen Kilometern noch im den Beinen hatten,
wirkten sie im Vergleich zu mir erholter und entspannter. Mirko
ist eben ein Eisentroll, der durch diese Kurzstrecke am Rennsteig
nicht mehr aus der Reserve gelockt werden kann. Das Gitarre spielende
Team Hanka mit Stefan und Bernd erreichte Schmiedefeld nach einigen
Regen- und Hagelschauern in 11:22,13 Stunden. Stefans Gitarre war
blutverschmiert, er hatte sich aus Liebe zum Rennsteig seine Finger
blutig gespielt.
Statt
an den Verpflegungspunkten Energydrinks zu trinken und sich so zu
stärken, hatten sich beide schon früh für Rennsteigbier
entschieden, was ihre Stimmung noch verbesserte.
Obertroll
Zenon (Foto
rechts) debütierte ebenfalls am Rennsteig. Auch ihm machte
die anspruchsvolle Strecke zu schaffen. Zenon benötigte für
die 43,5 Kilometer 4:39,59 Stunden.
Für Zenon war es schon der 4 Marathon in 2013. Troll
Gerald (Foto links, in der Mitte Mathias alias "Klitschko")
benötigte für seinen Lauf 4:17,02
Stunden. Gerald lief für die im Vorfeld des Laufes
erkrankte Trolline Nicole Dathe, die er würdevoll vertreten
hat. Auf einer flachen Marathon- strecke wäre Gerald mit dieser
Leistung deutlich unter 4 Stunden geblieben. Der Rennsteiglauf ist
eine professionell organisierte Großveranstaltung, auf der
sich Läufer und Walker auf einer Vielzahl von Strecken austoben
können. Die Verpflegungsstände bieten alles was das Herz
begehrt.
Der Rennsteig
selbst bildet einen landschaftlich tollen Rahmen, so dass sich die
Sportler dort rund um wohl fühlen können. Ich selbst habe
davon wenig mitbekommen. Es war eine echte Herausforderung die 72,7
Kilometer zurück zu legen. Aber eins kann auch ich allen bestätigen:
Ich war auf dem Rennsteig und nicht auf
der Post!
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