"In der Stadt der Engel(chen)"

60th Syn Mun Kong Insurance
Minimarathon Bangkok

23.01.2011


Bericht von Zenon Karczewski


23.01.2011 60th Syn Mun Kong Insurance Mini Marathon

BANGKOK - die Stadt der Engel - man liebt sie oder man haßt sie
.
Gleichgültig lässt sie aber Niemanden. Man haßt sie für die schlechte Luft, für die häßliche, moderne Architektur im Zentrum (Foto), für die lauten, überfüllten Straßen, langsame Beamte am Flughafen und die zahlreichen "netten Helfer", die die Touristen übers Ohr hauen wollen. Man liebt sie aber auch für ihre freundlichen Einwohner, die Altstadt, die schönen Tempel, die Parkanlagen, die aufregenden Gegenden wie China Town, Khao San Road oder Sukhumvit und die abenteuerlichen Fahrten mit den Tuk-Tuks und Motorrädern mitten im chaotischen Verkehr der Innenstadt. Und als Läufer liebt man Bangkok (und Thailand) für die herrlich organisierten, schönen und fröhlichen Laufveranstaltungen.

Ich bin gekommen und will nur das Eine. Nein, nicht DAS Eine, ich meine das andere Eine - ich will hier LAUFEN.

Nach einer Woche Aufenthalt in Kuala Lumpur ( Foto), immer noch müde und vom Jet-Leg geplagt, gönne ich mir keine Ruhe am ersten freien Wochenende und verlasse KL - wie immer mit meiner Lieblings-AirLine- der AirAsia - Richtung Bangkok. Den ursprünglichen Plan, am 23.01. in Khon Kaen einen Marathon zu laufen (als "Ersatz" für den für mich leider ausgefallenen Trolle-Team-Marathon in Leipzig -> s. Bericht) , habe ich kurzerhand aufgegeben und werde am Sonntag "nur" einen 10-Km langen Mini-Marathon in der thailändischen Hauptstadt bestreiten. Und so ganz "nebenbei" will ich natürlich die berühmte Stadt der Engel bzw. der "Engelchen", wie wir Trolle sagen, mit allen ihren Facetten kennenlernen.

Am Sonntag stehe ich schon um 4:30 Uhr auf und treffe mich vor dem Hotel mit Bil Ly, dem chinesisch-stämmigen Taxifahrer, der mich zu dem Suan Luang Rama 9 Park , in dem der Lauf stattfinden wird, bringen soll. Gestern abend haben wir den Preis ausgehandelt - 500 Baht (ca. 12 Euro) für die ca. 20 Km lange Strecke zu dem sonst mit öffentlichen Verkehrsmitteln (und dazu um diese Zeit) schlecht erreichbaren Park. Die Hälfte dieses Preises wäre wahrscheinlich auch schon o.k. gewesen, aber was soll's - Bil Ly (Foto), 63 Jahre alt ist ein netter Kerl, spricht ganz gut Englisch und die ganze Fahrt können wir uns über Bangkok, China Town, das Essen und viele andere Themen unterhalten. Eigentlich soll er mich nur hinbringen, aber als er mir anbietet, auf mich 2 Stunden zu warten und mich für denselben Preis wieder ins Hotel zu bringen sage ich zu, denn schneller und bequemer kann ich die Rückfahrt kaum haben.

Es ist noch dunkel als wir kurz vor halb sechs im Suang Luang Rama 9 Park ankommen (Foto) . Meine Startunterlagen liegen schon bereit. Wie vor ein paar Tagen per email mit dem freudlichen Chef-Veranstalter Sayun Somdulyawat ausgemacht, bezahle ich die Startgebühr von 300 Baht vor Ort.

Aus allen Richtung strömen die Läufer herbei, es sind jetzt schon Hunderte, insgesamt werden es wohl zum Schluß weit mehr als Tausend sein. Nicht alle laufen die 10km-Strecke. Es gibt noch den 4km-Walk-Run, für den sich wohl die Meisten angemeldet haben. 6:00 Uhr ist dann der Start. Ich setze mir heute keine ehrgeizigen Ziele, laufe verhalten los und möchte am Ende nur unter einer Stunde bleiben. Für die südost-asiatischen Verhältnisse ist das immer noch o.k., selbst bei diesem bescheidenen Ziel könnte ich noch viele Läufer hinter mir lassen. Die ersten Kilometer laufe ich dann aber im guten 5-min-Schnitt und fühle mich wohl dabei. Ganz so schlecht bin ich also trotz mangelnden Trainings doch nicht. Es wird mit der Zeit heller, ich erkenne langsam immer besser, wie schön dieser Suang Luang Park ist, in dem wir die ganze Zeit laufen. Hier ist nichts von der schlechten Luft Bangkoks zu spüren. Wir laufen an schönen Teichen und Gartenanlagen vorbei (Foto).

Nach 5 Kilometern wird gewendet und dieselbe Strecke zurück gelaufen. Die führenden Läufer kommen mir entgegen. Am Ende werden sie wohl fast 20 Min schneller als ich sein. Aber das interessiert mich kaum. Ich geniesse den Lauf und versuche bis zum Schluss das 5-Min-Tempo zu halten. Scharen von Walkern gehen jetzt vor uns, manchmal muss ich im Zick-Zack laufen, um an ihnen vorbei zu kommen. 2 Mal bleibe ich kurz stehen, um ein Foto zu machen (großes Bild ganz oben).

Nach 8 Kilometern schaue ich auf die Uhr - mit unter 50 Minuten könnte es knapp werden. Ich ziehe das Tempo nochmal etwas an und komme nach 49'48'' ins Ziel - erschöpft, krebsrot im Gesicht aber glücklich. Und die Medaille - schöner als viele meiner 76 Marathonmedaillen - sie hängt auch, wie unser Troll Wolfgang sagen würde (--> s. Wolfgang's Laufbilanz) . Zwar kein neuer "Länder-punkt" (letztes Jahr bin ich schon in Hat Yai gelaufen --> Bericht) - aber immerhin ein kleiner "Hauptstadt-punkt". Bil Ly wartet auf mich im Ziel und macht mir ein paar Fotos. Ich schiesse auch ein Bild von ihm zur Erinnerung an die nette Begegnung mit diesem sympatischen alten Mann (Foto weiter oben).

Dann ist für mich "Engelchen-Zeit". Junge thailandische Läuferinnen lassen sich gerne mit einem alten "Farang" ablichten und haben viel Spass dabei (Foto).

Anschliessend folgt das Frühstück. Die Verpflegung ist so reichlich, das es fast für den ganzen restlichen Tag genügen wird - es reicht von kalten belegten Brötchen bis hin zur leckeren warmen Suppe. Auf einer großen Bühne wird die Siegerehrung abgehalten (Foto unten). Mit meiner bescheidenen Zeit zähle ich leider nicht zu den Gewinnern in meiner AK. Aber ich habe auch nicht damit gerechnet.

Kurz vor acht gehe ich wieder zum Ziel/Start, wo Bil Ly auf mich wartet. Wir fahren ins Hotel zurück. Er will mich dann noch durch die Stadt fahren, ich lehne aber dankend ab - mit dem SkyTrain und den Tuk-Tuks wird es für mich nicht nur billiger sondern auch schneller sein und ich kann mich auch freier bewegen. Nach 2 Stunden Schlaf checke ich im Hotel aus und begebe mich Richtung Zentrum. Mit dem SkyTrain gelange ich zur Station National Stadium. Weiter geht es nicht. Wenn man die Altstadt von Bangkok mit all ihren Tempeln und Palästen besuchen will (s.--> Plan), muss man etweder laufen, einen Bus oder einen Tuk-Tuk nehmen.

Ich entscheide mich für die letztere Variante und lasse mich zu der berühmten Khao San Road fahren. Mit einem atemberaubenden Tempo von 70-80 Kmh rast mein Fahrer, meistens auf der Überholspur, durch die Stadt, ich halte mich fest, staune und komme mir wie Leonardo di Caprio in dem berühmten Film The Beach vor. Ein tolles, berauschendes Gefühl trotz der Tatsache, dass die ganze Sache recht gefährlich ist - schliesslich bin ich nicht angeschnallt und würde schon beim ersten scharfen Bremsen auf die Straße fliegen. Aber alles geht gut und wohl erhalten komme ich am Gateway to Southeast Asia an. Diese Straße sieht genauso aus, wie ich sie mir vorgestellt habe (--> Video).

Kneipen, Hotels, Geschäfte, Internet-Cafes, Schneiderläden, und viele, vorwiegend junge Touristen aus aller Welt (Foto). Ich trinke Kaffe in einem Strassencafe, schaue mir das bunte Treiben eine Weile an und will anschließen zum nahe gelegenen Königspalast.

Unterwegs "arbeite" ich noch ein paar von den vielen Buddhistischen Tempeln "ab". Sobald ich irgendwo stehen bleibe und auf den Stadtplan schaue, um mich zu orientieren, werde ich sofort von einem freundlichen Thailänder auf Englisch angesprochen. Es ist schwieg, auf Anhieb zu unterscheiden, ob es nur um freundliche Hilfe oder um den Versuch, einem seine (natürlich nicht kostenlosen) Guide-Dienste anzubieten, handelt. Ich wimmele alle mit dem Hinweis ab, dass ich keine Zeit habe und mich gleich mit einem "Friend" treffe. Mit einem "Thai Girl Friend"? - will einer dieser Burschen neugierig von mir wissen und grinst übers ganze Gesicht. "Nein" - anworte ich und grinse zurück - "es ist ein nur ein "friend" aus Deutschland, ein Kerl". "Leider nur ein Kerl" - füge ich spasseshalber hinzu und der junge Thai freut sich. Der nächste, der mich anspricht, scheint seriös zu sein. "Es ist Sonntag nachmittag, der Königpalast hat schon zu" - sagt er - "und ausserdem von Armee umstellt. Heute findet eine grosse Demo der Red Shirts statt" (Foto).

Ich soll lieber vorsichtig sein. Am besten soll ich für 60 Baht (max. 80 aber mehr wirklich nicht) einen Tuk-Tuk nehmen und zu irgend so einem berühmten Wat fahren (mein Tuk-Tuk-Fahrer von vorhin hat mir nach langem Feilschen 150 Baht abgenommen). Und von dem Tempel zu einer Export-Messe, wo es heute einmalige Super- Angebote geben sollte. Es geht um thailändischen Schmuck.

"Was haben sie alle heute nur mit dieser Export-Messe?" - frage ich mich. Ich will gar keine Schnäppchen machen und nur in Ruhe ein wenig herum laufen. Statt zu dem Parkplatz mit den Tuk-Tuks gehe ich extra in eine andere Richtung (der Mann schreit mir noch etwas hinterher aber ich tue so als würde ich das nicht hören und gehe einfach weiter) und gelange nach ein paar Hundert mehr zu der besagten Demo. Die Menschenmenge wird immer dichter. Die Red-Shirts sind überall - auf der Straße und auf den Fußwegen. Es ist eine politische Demonstration und eine große Party zugleich - es werden Reden gehalten, Musik gespielt, es wird übrerall gekocht, gebraten und gegegessen. Es wird gehandelt und gekauft. Alles läuft friedlich ab. Trotzdem - überall ist auch Polizei und Armee zu sehen. Wenn hier einmal Schüsse fallen, wird es für mich enge. Aber es fallen weder Schüsse noch kommt sonst irgendwie agressive Stimmung auf.

In den Seitenstrassen der Ratchadamnoen Avenue schaue ich mir noch den einen und anderen Tempel an (Foto), dann muss ich aber schon wieder ins Hotel - mein Gepäck holen und zurück zum Flughafen eilen. Ich laufe zurück zur Khao San Road und will ein Tuk-Tuk nehmen aber da, wo vorhin Dutzende standen, ist jetzt Niemand zu sehen und ich laufe hin und her, um einen zu finden. Taxifahrer sprechen mich an aber die sind mir zu teuer und zu langsam. "What are you looking for" - spricht mich Jemand an. Ich ignoriere den Mann zunächst, dann schaue ich nochmal zurück und sehe, dass er mir sein Motorrad als Taxi anbietet. Was, mit dem hier soll ich fahren? - frage ich. "Ja" - antwortet er. Es soll eine schnelle und sichere Variante sein. Er zeigt dabei auf einen Helm.

"80 Baht to National Stadium-Station - is it o.k?" - frage ich ihn. "Oh, no no" - geht das übliche Spiel los - "viel zu wenig." 150 Baht will er haben. Aber ich kenne jetzt die Preise und biete ihm max. 100 Baht an. Sonst will ich gehen. "O.k. 100" - wir sind uns einig und er fährt los. Aber nicht, wie ich dachte, um die Khao San herum sondern mitten durch den Touristenstrom auf dieser Strasse, die eigentilch ein Fußgänger-boulevard ist. Drei Touristinnen, wahrschein-lich Amerikanerinen (Foto), erschrecken erst und brechen dann in ein lautes Gelächter aus als mein Fahrer, der, wie ich später erfahren werde, aus einer östlichen Provinz von Thailand stammt, sie fast umfährt. Nach ein paar Minuten haben wir uns durch die Massen "durchgekämpft" und sind auf einer freien Strasse.

Das Abenteuer beginnt. Ich komme mir wieder wie Leonardo di Caprio in The Beach vor. Meistens auf der Überholspur oder zwischen den Lastern, Taxis und Bussen rasen wir duch die China Town (Foto), unterhalten uns dabei die ganze Zeit und ich habe höllische Angst um meine Kniescheiben, mit denen ich immer wieder im Milimeterabstand an den anderen Verkehrs-teilnehmern vorbei schramme. "No problem - beruhigt mich immer wieder mein cooler Fahrer. Nach einer Viertelstunde ist die Fahrt überstanden. Erleichtert gebe ich dem sympatischen Kerl doch 120 und nicht nur 100 Baht. Wir verabreden uns für's nächste Mal. Klar, ich werde ihn beim nächsten Mal bestimmt wieder in dieser Millionen-Metropole finden.

Gegen 19:00 Uhr bin ich wieder am Flugfafen und fliege zurück nach KL.

Bangkok - man liebt es oder man haßt es. Ich glaube, ich habe es am Ende geliebt.

>> Bericht Singapur Run For Water 2010_

>> Bericht National Press Club Run 2010

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>> Bericht Bangkok Marathon 2005 (P. Maier)

Bei der Anmeldung
Siegerehrung
China Town von Bangkok
 

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