"Corre como nunco lo has hecho antes"

Zurich Marató de Barcelona
17.03.2013

Zenon Karczewski

17.3.2013 Zurich Marato de Barcelona Ein herrliches Gefühl, wieder am Start eines grossen Marathons zu stehen. Der Barcelona-Marathon zählt mit seinen 18.000 Läufern mittlerweile zu den Grössten in Europa. Es ist heute bewölkt, es nieselt aber es ist nicht kalt. Ganz im Gegenteil - die Bedingungen sind ideal. Ich stehe - warum auch immer - im "grünen" Block für Läufer, die als Zielzeit 3:30-3:45 angegeben haben. Wir sind auf dem Gelände der Fira Barcelona auf der Avenida Maria Critistina. Vor mir der Blick Richtung Placa de Espanya mit den beiden Türmen der Messe und der Stierkampf-Arena (Foto). Hinter mir die herrlichen Wasserspiele (Font Magica) und der Palau National mit dem Museu National d'Art de Catalunya (Foto).

Vor 14 Jahren war ich schon einmal hier. Das war nicht nur mein erster Barcelona- und mein erster Spanien-Marathon sondern auch mein erster Spanien-Besuch überhaupt. Ich hatte eine Dienstreise in die katalanische Metropole und - wie es der Zufall so wollte - gab es gerade in dieser Zeit einen Marathon. Allerdings war die Strecke - bis auf das Ziel auf dem Messegelände - komplett anders. Wir starteten in dem kleinen Städtchen Mataro nördlich von Barcelona und liefen die meiste Zeit am Meer entlang. Ich erinnere mich an den Park im Zentrum von Mataro mit den den grossen Platanenbäumen, in dem wir uns warm gemacht haben. Es roch nach Frühling und nach den Salben mit denen sich Läufer f ihre Beine einmassierten.

Das Feld war mit ca. 2000 Läufern noch relativ überschaubar. Es war mein 26. Marathon (-> meine Statistik), ich war also damals bereits ein "alter Marathonhase". Die besten Zeiten hatte ich allerdings bereits hinter mir. Ich war auch gerade nicht in Form und wollte nur locker unter 4 Stunden ins Ziel kommen. Lange Zeit lief ich mit einer (west-)deutschen Läuferin zusammen, die ich am Start kennenlernte. Wir unterhielten uns über dies und jenes, irgendwann fragte sie mich, ob ich schon einige der zahlreichen Kunstwerke von Gaudi besichtigt hätte. "Gaudi?" -antwortete ich - "den Namen habe ich noch nie gehört". "Na klar, ihr Ossis" - meinte sie. Plötzlich hatte ich genug von dieser " charmanten" Begleitung, habe kurz beschleunigt und mich von ihr gelöst. Den Rest der Strecke lief ich alleine. Meine Neugier war aber geweckt - am nächsten Tag besichtigte ich Gaudi's berühmte Kathedrale Sagrada Familia (Foto) und den genialen Parc Guëll.

Es ist kurz vor halb neun. Neben mir stehen einige Franzosen, die unter den zahlreichen Ausländern wohl die Mehrheit darstellen. Es gibt aber auch viele Deutsche, Engländer, Amerikaner, Schweizer, Polen, Tschechien, Portugiesen, Italiener, Russen, Belgier.... 8:30 startet der erste Block. Gleichzeitig setzt ein starker Regen ein, der aber nach einigen Minuten wieder nachlassen wird. Bis ich an der Startlinie bin, vergehen fast 7 Minuten (grosses Foto oben).

Das Barcelona-Lied von Freddy Mercury und Monserrat Cabelle ertönt aus den Lautsprechern. Ich bekomme Gänsehaut. Es erfasst mich ein seltsames Glücksgefühl. Es ist fast wie früher, wie in den ersten Marathon-Jahren Anfang der 90er Jahre - in Wien, Berlin, München, Rotterdam, Hamburg, Paris, London... als ich um Bestzeiten lief. Heute geht es aber nicht um die Zeit. Es geht nur ums "Überleben". Langsam joggen, geniessen, solange es geht und innerhalb des Zeitlimits ins Ziel kommen. "Corre como nunca lo has hecho antes" (Lauf wie Du es noch nie gemacht hast) - lese ich auf dem T-Shirt eines spanischen Läufers und mache es am heutigen Tag zu meinem eigenen Motto.

Die ersten Kilometer sind von der Strecke her nicht besonders spektakulär, ich mache trotzdem schon jetzt viele Fotos, z.B. von einer polnischen Familie mit der rot-weissen Fahne meines Geburtslandes (Foto) oder von den begeisterten Zuschauern aus dem fernen Osten (Foto). Wir laufen auf der Sants Richtung Norden (Strecke). Nach ca. 5 Kilometern erreichen wir das berühmte Stadion Camp Nou des vermeintlich besten Fussballclubs der Welt - FC Barcelona. Ich bin von dem unscheinbaren Betonklotz etwas enttäuscht und frage einen Zuschauer, ob es wirklich DER Camp Nou ist, bevor ich um ein Foto bitte. "Ja, das ist er wirklich" - bestätigt er. Das EM-Stadion in Wroclaw, an dem wir bei meinem letzten Marathon vorbei liefen (-> Bericht), fand ich allerdings beeindruckender.

Wir laufen um die grosse Fussball-Arena, die 100.000 Zuschauer fasst, herum und bewegen uns jetzt Richtung Osten. Ich laufe nach wie vor sehr langsam.

Schweizer, Franzosen, Portugiesen, Belgier, Polen (Foto) und natürlich auch sehr viele Spanier laufen an mir vorbei. Die Stimmung an der Strecke ist grossartig. "Venga, venga", "Si, señor" oder "Animo" - höre ich immer wieder. Auch "Zenon" wir mir oft zugerufen. Es ist eine grossartige Idee des Veranstalters, jedem Läufer nicht nur eine sondern gleich 2 Startnummern (die zweite, nicht obligatorische für den Rücken) mit seinem gross geschriebenen Vornamen zu vergeben, wodurch man nicht so anonym wie sonst läuft. Die 10 km-Marke erreiche ich um 9:40:05 Uhr also nach ca. 1h und 3 Minuten (Netto). Wir sind jetzt auf der Avenida de Berlin. Bei Kilometer 11,5 laufen wir wieder über die Plaza de Espanya, anschlies-send geht es auf der Gran Via Richtung Osten.

Vor mir läuft einer der vielen "Messi's" vom FC Barcelona. Das T-Shirt kostet im offiziellen FCB-Laden an der Sagrada Famila sagenhafte 95,- Euro. Ich war dort gestern kurz drinnen, nachdem ich mir nach 14 Jahren nochmal die grossartige aber nach mehr als 130 Jahren immer noch unvollendete Kathedrale von aussen angeschaut habe. Der Baufortschritt der Sagrada Familia ist sichtbar, es wird aber noch Jahre dauern, bis sie fertig ist. Man will sie aber vielleicht gar nicht vollenden, denn gerade in diesem Zustand ist das geniale Werk Gaudi's die Hauptattraktion Barcelonas und die meistbesuchte Sehenswürdigkeit Spanien's für die vielen Touristen aus Japan und anderen Ländern.

Bevor wir an der Sagrada Famila vorbeilaufen, kann bei Kilometer 14 ein anderes bekanntes Bauwerk von Gaudi bewundert werden - La Pedrera (Casa Mila). Fast hätte ich das Haus übersehen, da ich gerade mit dem Fotografieren einer Gruppe von Zuschauern mit bunten Fahnen beschäftigt war. La Pedrera (Foto) entstand 1910 und gehört zum Weltkulturerbe.

Nun ist es aber soweit. Bei Kilometer 16,5 erreichen wir die Sagrada Familia und ich nehme mir natürlich reichlich Zeit, um das Wahrzeichen Barcelona's mit und ohne mich zu fotografieren. Ich fühle mich noch frisch, der Lauf mit den vielen Zuschauern und die schöne Strecke machen mir viel Spass. Ich verspüre auf einmal ein grosses Mitteilungsbedürfnis. Die ganze Zeit habe ich mein Smartphone mit und fange jetzt an, mit meiner Familie über die WhatsUp-App zu "chatten" und Ihnen Bilder von der Strecke zu schicken. Bis mir meine jüngere Tochter Anna irgendwann mal schreibt: "Konzentriere Dich mal wieder auf das Laufen". Ich nehme es ernst (auch wenn ein Smily dabei war) und laufe wieder etwas zügiger.

Vor mir laufen jetzt die spanischen "Zwillinge" Paco und Pablo und vor Ihnen eine Läuferin aus der Tschechischen Republik (Foto). Wir laufen jetzt auf der Meridiana - 2 Kilometer hin, 2 Kilometer zurück, zwischendurch passieren wir die Halbmarathon-marke (meine Brutto-Zeit: 2h22'00'') und mir geht es immer noch verdammt gut. "Tu t'approche et tu t'accroche" (halte durch, es ist nicht mehr weit) - fällt mit ein französicher Spruch ein. Gerade in dem Moment sehe ich eine Gruppe Fans mit "französischer" Fahne (Foto). Ich mache zunächst ein Foto von Ihnen und bitte sie anschliessend um ein gemeinsames Bild.

"Wir sind aber keine Franzosen, wir sind Holländer" - antwortet auf Englisch die lustige Dame mit dem grossen Oranje-Hut (den ich erst jetzt bemerke) und wir müssen alle laut lachen.

"Aber die Fahne..." - stammele ich verdutzt. "Das ist die holländische Fahne" - meint sie - "aber wenn es französisch sein soll, dann drehen wir sie einfach um".Gut gelaunt laufe ich weiter. Kilometer 25 passiere ich um 11:16:16 Uhr und bin immer noch ganz frisch. Um die Muskeln und Gelenke zu schonen, laufe ich jetzt viel auf dem Rasen, im Gleisbett einer Strassenbahn, die für die Zeit des Marathons offenbar ausser Betrieb ist. Nach 3h15:50 bin ich an der 30 km-Marke (Foto). "La recta final" (die letzte Gerade) - kommt es mir in den Sinn, obwohl es immer noch 12 Kilometer sind. Mir geht es immer noch sehr gut und ich habe immer noch sehr viel Spass an diesem wundervollen Marathon.

Jetzt fange ich an, Hunderte von Läufern zu überholen. Nur, weil ich mein konstantes Tempo weiter laufe, während viele Andere anfangen, zu schwächeln. "Vinga, vinga, anims" - wird uns jetzt ständig auf Katalanisch zugerufen. An einer Ecke steht eine Gruppe, die einen Adolf anfeuert. Ich laufe zunächst weiter, drehe dann aber um und lasse mir dieses seltene (und seltsame) Foto-Motiv doch nicht entgehen. Nach 33 Kilometern erreichen wir die Garcia-Faria-Promenade und laufen jetzt am Meer entlang. Die Palmen, das Meer und die Wärme - ein herrliches Gefühl, wenn man gerade aus dem eiskalten Deutschland gekommen ist. Kilometer 35 - es ist 12:20:17 Uhr, wir machen jetzt einen Abstecher Richtung Norden und passieren einen Kilometer weiter den imposanten Arc de Triompf (Foto), den ich bis jetzt nicht kannte.

Kurz danach sind wir an der Kathedrale, im Gotischen Viertel. Hier war ich schon kurz gestern und war ein bisschen enttäuscht, dass diesmal, anders als vor 14 Jahren der faszinierende, katalanische Sardanas-Tanz nicht getanzt wurde.

Kilometer 40 - es ist 12:47 Uhr Uhr und wir sind gerade an der welt-berühmten, eleganten Rambla und vor der imposanten Kolumbus-Säule vorbei-gelaufen. Seinerzeit war dieses 60 meter hohe Denkmal Gegenstand hitziger Diskussionen wegen der Richtung, in die der Entdecker Amerikas in seiner "Lenin-Pose" zeigen würde, denn es ist auf keinen Fall die Neue Welt, eher Mallorca oder Nordafrika. Darüber mache ich mir aber - auf der jetzt wirklich letzten Geraden - keine Gedanken. Ich fühle mich immer noch sehr gut wie selten bei einem Marathon und habe auf einmal den Ehrgeiz, noch so viele Läufer wie möglich zu überholen. Mit einer Netto-Zeit von 4h23'28" komme ich ins Ziel, angefeuert von Hunderten von Zuschauern auf der Avenida Maria Critistina.

"Sobrevivido, survived, survecu, überlebt, przezylem El Maravilloso Marato de Barcelona" - poste ich auf Facebook und lasse mir die schöne Medaille umhängen. Es war mein 76. Marathon. Von Barcelona fliege ich noch am selben Tag nach Alicante, wo ich eine Woche lang, direkt am Meer bei Sonne und Temperaturen von 18-20 Grad den Frühling in Spanien geniesse. Genau eine Woche später laufe ich noch den Halbmarathon von Dénia (X Mitja Marató de Dénia) und erreiche dort eine Zeit von 1h49'38" (Platz 369 unter 556 Startern).

Am 25.3. sage ich "Adios" zu Spanien und kehre zurück ins verschneite, eiskalte Deutschland. Ein kleiner Trost - in ein paar Monaten, spätestens im Sommer, werde ich wieder an der Costa Blanca sein.

>> Ergebnisse

>> Bericht Barcelona-Marathon 2006 von Peter Maier

 

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