"100. Auslands-Marathon und die Waliser saufen ohne Ende"

2. Newport Wales Marathon -
5.05..2019

Bericht von Peter Maier

03. Mai: Mit KLM flog ich in Windeseile locker über Amsterdam nach Cardiff. Mit dem Bus ging‘ s weiter zum Hotel, nee, denkste. Der Busfahrer vergisst mich rauszulassen, ich springe plötzlich auf, „wo bin ich“? „Sorry, outside the city“. Verflucht, nichts wie raus. Irgendwelche Straßen laufe ich zurück und finde mit Hilfe vieler freundlicher Waliser den Bahnhof und von dort dann mein „Austin Guest House“. Abends trolle ich mich in die Innenstadt, so geil, wie in so vielen anderen Städten in Great Britain, in Belfast, Edinburgh, oder anderswo, auch hier, ein Pub am anderen. Ich las mich treiben, schlendere die Fußgängerzone auf der Saint Mary Street entlang, und ja, genau, hier muss ich rein: „THE BOROUGH“. Ich bestelle ein „Rev“, dann noch eins und noch eins…aha Mann, es ist unbeschreiblich, diese Stimmung hier. Wahnsinn, die Frauen tanzen plötzlich auf einmal los, völlig ungezwungen, wäre bei uns in Germany überhaupt nicht möglich, sind wir alle viel zu zugeknöpft. Irgendwann muss ich ja leider wieder hier raus und versuche später in meiner „Buchte“ Schlaf zu finden.



04. Mai
: Mache mit beim Cardiff Sightseeing Hop on und Hop Off. Nach der ersten Komplettrundfahrt, es war leider ziemlich kalt im offenen Doppeldeckerbus, auch wenn die Sonne schien, besuche ich das „Cardiff Castle“. Oha, sehr interessant und viele alte Mauern, weil es eine mittelalterliche Burg inmitten eines Römerkastells ist.

Weiter steige ich an der „Cardiff Bay“ aus. Dort ist ein unheimlicher Trubel rund um das „Millennium Centre“. Es ist das Wahrzeichen der Skyline von Cardiff, ist aus einheimischen Materialien wie Schiefer und Holz erbaut und es finden hier urige Rockkonzerte statt. Diesmal aber spielen mehrere Orchester im Freien, nicht schlecht, macht Spaß zuzuschauen. Weiterfahrt und gegen 16:30 bin ich meinem Zimmerchen zum Ausruhen. Abends, logisch, ab in die City. Ich gehe durch die verrücktesten Tanz-Musik-Orgien spazieren, it‘s so great. Dann ins Pub “The GOAT MAJOR“…oha, mmm, verdammt, morgen ist ja mein Event, vielleicht doch nicht so viel Saufen?
05. Mai Marathon: 7:00 Uhr: Wecken, 7:40 Uhr: Abmarsch zum Bahnhof, 8:06 Uhr: Abfahrt Zug von Cardiff nach Newport (es gibt nur diesen Zug), 8:22 Uhr: Ankunft Newport, Fußmarsch Richtung Innenstadt.

8:37 Uhr: Ankunft nahe dem Marathonstart, verzweifelte Suche nach dem „Event Info“ zwecks Startunterlagenabholung für Ausländer. Ich suche vergebens, andere wenige Läufer auch, es ist ein totales Tohuwabohu, viele, viele Läufer, die Einheimischen, ja klar alle mit Startnummer. Ich komme nicht durch.

8:48 Uhr: da, da ist eine kleine Hütte, oh, ich erhalte endlich die Startunterlagen, Gott im Himmel, wo ist die Kleiderabgabe? „Dort hinten“…binnen Sekunden habe ich die Sachen gewechselt, 8:55 Uhr: ich werfe einem Engelchen mein „Säckchen“ zu. 8:57 Uhr: ich haste zum Start, stelle mich hinten an und… es ist 9:00 Uhr!
Startschuss! Mann oh Mann, war das knapp, nichts für Muttis Sohn. Geschafft! Nee, nur erst mal den Start. Jetzt erst genieße ich die Atmosphäre, das Klatschen und Schreien der Zuschauer, viele Frauen sind mit in den Läuferreihen, prima. Es geht flugs los, mal sind Kilometer- und mal sind Meilenangaben und manchmal alles auch lückenhaft, ich rechne später alles in km um.

Die Temperatur, na ja, nur ca. 5 Grad, aber wenigstens Sonne. Ich bin warm angezogen, zum Glück. Ich vergesse erstmalig seit meiner OP das zwischenzeitliche Gehen, so dass ich bis zur 30. Minute durchlaufe, jetzt aber sofort links ran und dafür 2 Minuten Gehen.

Nach 10 km gibt es zum Wasser auch Isogetränke, prima, ich bin hier auch sehr gut drauf: 58:09 min. Die Strecke ist völlig autofrei, unglaublich. Wir streifen viele kleine Ortschaften wie Llandevenny, Magor, Redwick oder Goldcliff. Und wer hat die Strecke erkundet und vermessen? Kein geringerer als Doppelolympia-teilnehmer Steve Brace, der 1991 auch den Berlin Marathon in 2:10:35 h gewonnen hat, Dort liefen am gleichen Tag unser Obertroll Zenon in 2:46:36 h und ich in 2:45:52 h unsere persönliche Bestzeit. Das ist fast 28 Jahre her. Links und rechts der Straße entlang ist alles grün, wie das so ist bei den Briten, Schotten, Iren oder Walisern. Und es ist flach, tolle Landschaft und malerische alte Dörfer. Es läuft super, die 15 km in 1:28:24 h und mein Plan geht auf?

 

Die 20 km durchlaufe ich in 1:59:58 h. Herrlich, voll im Limit! Von nun ab nur noch Gehen und Genießen! Vorher wurde ich oft während meiner Gehpausen gefragt: „Are you okay“? „Have you problems“? Das versteht keiner so recht, dass ich zwischendurch mal locker nur gehe.Dann hole ich diese Frager beim Laufen wieder ein. Einer sagte, „That‘s okay, the German Guy, the Dresdner Troll“, wie auf meinem Shirt zu lesen ist, „he is back“. Oha, dort spielt eine Band, ich stelle mich dazwischen und imitiere eine zweite Gitarre.

IUnd da, gegenüber, die sitzen, schauen zu und trinken Bier. „Nicht ohne mich“, ich rausche hin, setze mich auf den Schoß einer Dame und genieße ein paar tiefe Züge guten Bieres, phantastisch! (grosses Foto oben). Das Bier und die Leute hier und natürlich die vielen Freiwilligen, die um uns besorgt sind, einfach Spitze!ch gehe weiter, eine Frau neben mir hat plötzlich starke Krämpfe, gerade bei km 30. Ich gebe ihr all meine Magnesium-tabletten, hoffentlich wird es ihr helfen, sicher! Go on! Unglaublich, schnell wird sie locker, sie dankt und braust wieder los. Später sehe ich sie wieder, da es ein Rundkurs ist. Sie liegt weit vor mir, sie lacht, „thank you so much, my german guy“. Es ist nicht mehr weit. Inzwischen esse ich viele Süßigkeiten, die an den Verpflegungsstellen und von den Zuschauern angeboten werden. Besonders lieb das kleine blonde Mädchen. Sie überrasche ich noch einmal und danke ihr als ich von einem Wendepunkt wieder zurückkomme. Hier, ah, km 40, kein Schild, dafür eine ganz kleine Schrift auf der Straße, meine Adleraugen erspähen dies. Das wird reichen, ich werde locker unter 6 h drinnen sein.

Und ich hatte viele schöne Erlebnisse an diesem Tag, wenn es anfangs vor dem Start doch ziemlich stressig war. Geschafft! Meinen 12. Marathon mit künstlicher Hüfte gelaufen/gegangen. Es ist wichtig, dass man da natürlich in seinen Körper hineinhorcht, was dieser während und vor allem nach so einer körperlichen Herausforderung sagt!

Durchs Ziel in 5:40:16 h hindurchgegangen, ist es wolkig und wieder kalt. Aber Finisherfotos, die müssen sein. Nachdem mir die rothaarige Maid die Medaille umgehangen hat, eile ich schnell zum Kleiderbeutel abholen. Das Mädel lacht: „You are not the last“. Ich lache zurück. Und nun Abmarsch durch Newport zum Zug und eine Stunde später bin ich in meiner Hütte in Cardiff und genieße ein Käffchen, Salzkräcker und Bier. Es war ein toller Marathon gewesen, immer fröhliche Menschen um mich herum, egal ob Läufer oder Zuschauer, landschaftlich Spitze, total autofrei und die Verpflegung, liebevoll von den Helfern gereicht, passte auch, wunderbar. Gewonnen hatte übrigens Carla Swithenbank bei den Frauen in 02:45:47 h und Chris Bird in 02:31:34 bei den Männern. Nach der ausgiebigen Ruhepause, na klar, abends dann, jo, ab in den nächsten Pub.

„BREWHOUSE“. Hier ist die totale Livemusic und alles trinkt oder besser säuft und tanzt natürlich ausgelassen zwischen Stühlen, Tischen und natürlich direkt vor der Band. Die Weiber gehen aus sich raus, unbeschreiblich, also auch hier eine Wahnsinnsstimmung. Und wenn einer sagt, die Deutschen trinken viel Bier, das stimmt nicht, die Waliser saufen mehr!

6. Mai: Heute plane ich noch einen Stadtrundgang, also und rein ins Nationalmuseum. Da ist ein riesiger Hai, zum Glück ausgestopft, aber schon ein bissl furchteinflößend. Weiter zur Gemäldegalerie, zum großen Gemüsemarkt, der hat leider zu, dafür ist es dann relaxend im Bute Park nahe dem Cardiff Castle.

Abends mein 4. Pub: „THE QUEENS VAULTS“. Es ist heute Woche, wohl auch ein trinkfester Waliser lässt den Abend da etwas ruhiger verlaufen.


7. Mai: 3:29 Uhr Wecken (3 Wecker gestellt!), der erste Bus fährt, ein Glück!
Mit einiger Verspätung komme ich über Amsterdam wieder in Dresden an.
Es war ein toller Alleintrip nach Wales und mein 100. Auslandsmarathon. Geil!

5 km: 28:45 min 28:45 min
10 km: 29:24 min 58:09 min
15 km: 30:15 min 1:28:24 h
20 km: 31:34 min 1:59:58 h
25 km: 48:02 min 2:48:00 h
30 km: 49:14 min 3:37:14 h
35 km: 49:47 min 4:27:01 h
40 km: 50:03 min 5:17:04 h
Ziel: 23:12 min 5:40:16 h

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