"Fast wie eine Schweizer Uhr hatte ich mein Pensum abgespult..."

32. Belfast Marathon
6.05.2013

Bericht von Peter Maier


Pubs, Pubs und wieder Pubs… Über Berlin und London Heathrow führte mich dieser Trip nach Belfast. Diese Reise war nicht ganz ohne, denn hier in Nordirland spielte schon Geschichte: Bereits zur Zeit Oliver Cromwells (1599-1658) kam es zu schweren Auseinandersetzungen zwischen den unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen. Das Königreich Irland und das Königreich Großbritannien verschmolzen am 01.01.1801 durch den "Act of Union" zum Vereinigten Königreich von Großbritannien und Irland. Der Osteraufstand von 1916 war ein Versuch irischer Republikaner, die Unabhängigkeit von Großbritannien gewaltsam zu erzwingen. Er gilt als Wendepunkt in der Geschichte Irlands, der dann letztlich zur Unabhängigkeit führte. Der Aufstand war die Geburtsstunde der "Irischen Republikanischen Armee" (IRA).

Am 30. Januar 1972 kam es im Zuge des eskalierenden Nordirlandkonfliktes zum sogenannten Blutsonntag (Bloody Sunday). In der Folge kam es zu einem starken Zulauf zur IRA und zu Terrorakten verschiedener Gruppierungen, denen viele Zivilisten zum Opfer fielen. Am 21. Juli 1972 (Bloody Friday) verübte die IRA mindestens 21 Bombenattentate. Dabei wurden neun Menschen sofort getötet und 130 verletzt.

Aber am 10. April 1998 schlossen die Regierungen Irlands, Großbritanniens sowie die nordirischen Parteien das Karfreitagsabkommen. Es führte zu einer deutlichen Entspannung und Nordirland bekam wieder die Selbstverwaltung.

So weit die Geschichte und damit war der Weg frei für mich. Ich war sehr angetan von der Hauptstadt Nordirlands, tolle Stadt, alles friedlich und freundlich, aber mit dem Hang, abends immer einen hinter die "Binde zu kippen, oder waren das mehr die Touristen? Mein "Hotel Europa" war in der City von Belfast. Dort abends angekommen, nahm ich sofort den 1. Pub, den "Robinson`s ins Visier und gönnte mir einige Guinness. Den zweiten Tag begann ich mit der Stadt-rundfahrt. Diese führte mich zuerst in den Osten Belfast, über die Queen's Road hin zum Titanic Museum und weiter zum Titanic Dock, wo in der Werft Harland & Wolff ("H & W") damals die Titanic gebaut wurde und heute der größte freistehende Kran der Welt (Foto) steht. Im Westen Belfast angelangt, war für mich die "Peace Line" sehr interessant. Das ist die Mauer, die die Wohngebiete irischer Nationa-listen und britischer Unionisten trennt. Diese Friedens-linie entstand 1969 nach dem Ausbruch des Nordirland-konfliktes und ist jetzt mit vielen herrlichen inhaltsvollen Wandmalereien bestückt (Foto).

Nach der Stadtrundfahrt trollte ich mich zur Startnummernausgabe, wo ich mich auf einem großen Plakat in dem "B" von Belfast als Dresdner Troll verewige. Ich ging abends in meinen 2. Pub, in "The Crown Bar" direkt gegenüber meinem Hotel. Heute ist der 06.05.2013, es ist wieder Marathontag: Ich hatte Käffchen getrunken, Banane gegessen und war dann ca. 10 min zum Start gegangen. Es war schon was los um die City Hall, es waren ca. 10 Grad und es war bewölkt. Ich gab die Wechselklamotten ab, sog die Marathonszene in Ruhe auf, beobachtete die Läufer, machte Fotos und dann schaute ich nach meinen "Pacemakern". Da, ich sehe die zwei Luftballons und da sind meine Jungs, die mit der "3:45" drauf. Kurz vor dem Start ist es plötzlich mucksmäuschenstill. Der Sprecher bittet um eine Gedenkminute zu Ehren der getöteten und verletzten Läufer des 117. Bosten Marathons… Danach um 9 Uhr folgt der Startschuss. Ich hatte einen genauen Plan. Nach dem gesundheitlichen Reinfall beim Caracas Marathon Ende Februar wollte ich heute nichts anbrennen lassen. Trotz weniger Trainingskilometer überrechnete ich meinen kurzen Testlauf zu Hause für diesen Belfast Marathon auf eine Zeit von 3:45 h.

.Also das heißt, ich muss die Meile in 8:30 min laufen, dann sollte es passen… Prima, wir liefen die erste Meile in 8:30 min in Richtung Osten, überquerten den Fluss Lagan über die Albert Bridge und schon begann das typische Bild auf Irland, links und rechts die kleinen zweistöckigen Häuser. Die Menschen standen an der Straße und klatschten uns zu.

 

Zum Teil waren die Straßen nur halbseitig gesperrt, so dass es manchmal doch recht eng wurde, denn die Halbmarathonies waren auch noch bei uns und vor allem die vielen Staffelläufer, die "Relays".Ich ließ nichts anbrennen und überquerte die 5 Meilen Marke in 42:33 min. Die Verpflegung bestand anfangs aus Wasser, aber ich wusste ja, die kleinen "Lecker-bissen" sollten bald folgen. Bei Meile 7 überquerten wir die Queensbridge mit der stählernen Frau. Nun liefen wir in Richtung Westen und von dort weiter nach oben und da ist auch wieder die Peace Line, die bemalten Wände konnte ich mir noch mal während des Vorbeilaufens anschauen (Foto). Meine zwei Pacemaker machten ihre Sache gut (Foto). Ich war immer an ihnen dran. Ein Riesenauflauf war immer an den Zwischenstationen der "Relays", die einen liefen raus und ihre Partner, die frischen Wechselläufer, stießen wieder zu uns. Ein paar kleinere Hügel waren zu erlaufen, aber nicht der Rede wert, ich spulte die Strecke ab. Aber aufgepasst!

Nach Engelchen suchend, stolperte ich böse über eine der schlecht sichtbaren "Straßenbremsen", ein Raunen ging durch meine Mitläufer, aber ich konnte mich gerade noch abfangen. 30 Minuten später stürzte ich doch noch und lies meinen Fotoapparat fallen, blutete am Knie, böse Falle.

Bei 15 Meilen war ich wieder voll im Limit: 2:06:45 h. Linkerhand war nur Wasser zu sehen und bei 16,6 Meilen ging jeweils der 4. Staffelläufer an den Start. Mich überholten einige von Ihnen, na ja, dachte ich, ihr braucht eben nur einen Bruchteil von mir zu laufen. Ich sah, es machte den Staffel-läufern sichtlich Spaß hier, wie mir ja auch. Wieder in der City von Belfast, war der letzte Staffelwechsel. Einer meiner Pacemaker hatte sich nach hinten "verabschiedet" und der zweite wurde irgendwie auch immer langsamer. Da ich ein kleines Polster herausgelaufen hatte, konnte ich mein Tempo etwas drosseln und so wurde ich zum Pacemaker für die 3:45 h. Ich überholte jetzt viel schwächelnde Läufer, angefeuert durch die immer mehr werdenden Zuschauer (Foto). Es war eine tolle Stimmung. Und jetzt standen auch viele kleine Kinder an der Strecke, sie reichten uns die Gelleezuckertierchen, mmmmmmmmm…das schmeckte!

Dazu noch isotonische Getränke und Powergels, einfach Spitze! Da muss doch alles klappen! Wir liefen weiter Richtung Süden, um dann in den Orneau Park einzulaufen. Nicht zu glauben, ich konnte immer noch mein Tempo halten, auch wenn die Beine nun schmerzten. Auf der Zielgeraden riss ich die Arme hoch. Oh je, diesmal war alles ganz unspekta-kulär bei mir gelaufen. Fast wie eine Schweizer Uhr hatte ich mein Pensum abgespult und durchlief das Ziel in 3:44:29 h. Eigentlich hätte ich mich als Pace-maker anheuern lassen sollen. Aber ich war doch am Ende kaputt, unbedingt aber total glücklich, noch mal so stark gelaufen zu sein. Im Ziel verweilte ich noch ein bisschen und ließ dieses schöne Event, diesen 32. Belfast Marathon, noch auf mich wirken. Es hatte eben alles geklappt. Auch die Zubringer-busse machten ihre Sache gut und so war ich dann bald wieder am Startort an der City Hall. Von dort ging ich, etwas träge und stockbeinig, zum Hotel und nun, leider erst jetzt, kam sogar noch die Sonne heraus.

Ich stieg dann doch in die Badewanne und dort knallte auch schon der Sektkorken. Nach zwei Stunden Ruhe erkor ich mein abendliches 3. Pub in Folge. Ich lief diesmal zum "Laverys" (Foto oben) und wieder sollten ein paar Guinness dran glauben. Am nächsten Tag hieß es Abschied nehmen. Es war so schön warm, die Sonne schien, schade… aber mein Flugzeug wartet leider nicht.

Meine Durchgangszeiten:
5 Meilen: 42.33 min 42.33 min
10 Meilen: 42.54 min 1.25.27 h
15 Meilen: 41.18 min 2.06.45 h
20 Meilen: 42.55 min 2.49.40 h
25 Meilen: 44.35 min 3.34.15 h
Ziel: 10.14 min 3.44.29 h

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